Klarer Fall: Führungskräfte arbeiten klassischerweise in Vollzeit. Chefposten in Teilzeit sind zwar durchaus beliebt – aber gerade in Deutschland noch nicht sehr etabliert. Dabei können flexible Führungsposten sowohl für die Führungskräfte selbst als auch für die Mitarbeiter und somit für das gesamte Unternehmen Nutzen bringen. Außerdem kann das Führen in Teilzeit dazu beitragen, Beruf und Familie in verschiedenen Lebensphasen besser vereinbaren zu können und darüber hinaus auch den Frauenanteil in Führungspositionen erhöhen. Dabei gilt: Wer auf der Führungsebene Teilzeitmodelle etablieren möchte, muss organisatorisch und kommunikativ gut aufgestellt sein.
Die Diskussion über eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf besteht nicht erst seit gestern. Fakt ist, dass es dennoch bislang nur wenige Führungspositionen in Teilzeit gibt. Doch woran liegt das? Vorrangig am traditionellen Denken der Entscheider. Der Arbeitsmarkt wandelt sich stetig, aber nicht von heute auf morgen. Führungspositionen auch in Teilzeit zu besetzen hat aktuell noch einen Exoten-Status.
Neuere Studien belegen aber, dass die Lebensentwürfe sich zunehmend verändern und vielfältige Modelle die Zukunft sind. Zahlreiche Paare teilen sich Beruf und Familie gleichberechtigt und gerade gut ausgebildete Frauen stecken heutzutage nicht mehr selbstverständlich im Job zurück. Der Wunsch nach flexiblen, reduzierten Arbeitszeiten kommt daher vor allem bei Führungsfrauen und -männern mit Familie auf. In vielen Unternehmen fehlt jedoch die Erfahrung damit – und manchen auch der Mut für Neues. Erschwerend kommt hinzu, dass die Verfügbarkeit eines Mitarbeiters bzw. einer Mitarbeiterin noch immer gleichgesetzt wird mit seiner bzw. ihrer Leistungsbereitschaft.
Der Weg ist das Ziel! Zunächst muss genau analysiert werden, welche spezifischen Anforderungen der jeweilige Arbeitsplatz hat. Es lässt sich mit Überzeugung sagen, dass man prinzipiell bei jeder Führungsposition eine individuelle Lösung mit reduzierter bzw. verlagerter Arbeitszeit finden kann – erforderlich dafür sind natürlich Flexibilität und Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten! Konkret bedeutet das, dass die Veränderung der Arbeitszeit organisatorisch begleitet und das Aufgabenvolumen entsprechend der Arbeitszeitreduzierung angepasst werden muss.
Wenn eine flexible Leitungsposition geschaffen werden soll, muss das Aufgabenprofil genauer betrachtet werden. Wie sehen die Anforderungen an die Stelle aus? Diese 5 Fragen können helfen:
Anhand dieser Analyse können neue Arbeitszeitmodelle einvernehmlich festgelegt und die Aufgaben verlagert werden. Am wichtigsten sind eine zuverlässige Stellvertretung und eine klare Entscheidung, wer für was verantwortlich ist – und vor allem wann. Sind alle offenen Fragen geregelt und wird klar kommuniziert, funktioniert Teilzeitarbeit auch in der Chefetage.
Tipp: Wer eine Führungsposition mit reduzierter Stundenzahl antreten will, sollte vorab möglichst organisierte Vorschläge ausarbeiten, wie die fehlende Arbeitszeit kompensiert werden kann.
Der Blick in die Statistik zeigt, dass Führungspositionen in Teilzeit bei Frauen bedeutend höher im Kurs stehen. Deshalb betrachten wir das Thema „Mutter und Führungskraft“ auch in einem eigenen Artikel. Viele Unternehmen verzeichnen aber verstärkt auch Anfragen von Männern, die gerne im Beruf etwas kürzer treten möchten, ohne Karriereeinbußen hinnehmen zu müssen. Dafür gibt es viele Gründe: Viele junge Väter würden gerne mehr Zeit für die Kinder haben; zunehmend mehr Beschäftigte müssen oder wollen sich um die Pflege ihrer Eltern kümmern. Somit ist die Nachfrage nach Teilzeitmodellen größer und bedeutsamer denn je. Weitere Gründe sind darüber hinaus auch die Erhaltung der eigenen Gesundheit, ein gleitender Übergang in den Ruhestand, eine zeitintensivere Fortbildung, ein politisches (Ehren-)Amt oder aber besondere Projekte wie etwa ein Hausbau oder das Schreiben eines Buches. Nicht immer geht es um die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Diese Herausforderungen kommen auf eine Führungskraft zu:
Tipp: Zu Beginn ist es häufig ratsam, nicht unter 75 Prozent zu gehen. Bei einer geringeren Stundenanzahl empfiehlt es sich, dass sich zwei Führungskräfte eine Stelle im Rahmen eines Jobsharing-Modells teilen. Dies kann allerdings nur klappen, wenn die „Chemie stimmt“ und man sehr gut miteinander kommuniziert. Der Abstimmungsaufwand ist in diesem Fall hoch, aber es ist auch immer ein Ansprechpartner vor Ort greifbar. Ein positiver Nebeneffekt ist dabei auch, dass in Urlaubszeiten oder im Krankheitsfall in der Regel sofort eine Vertretung zur Verfügung steht.
Tendenziell ist es in vielen Fällen eher ratsam, einen kompletten Tag zu reduzieren, statt täglich ein bisschen weniger zu arbeiten. Schlussendlich müssen Führungskraft und Team gezielt überlegen, wie sich Arbeitsabläufe ändern können und sollen. Dann handelt es sich um ein flexibles Arbeitsmodell mit klaren Spielregeln für die Zukunft. Es lohnt sich also, über Führungspositionen in Teilzeit nachzudenken. Denn wer nicht wagt, …